Bekommt Aschaffenburg noch ein Hallenbad?

Es geht um den Schwimmunterricht

Braucht die Stadt ein zwei­tes Hal­len­bad? Claus Bernin­ger (Grü­ne) hat im Sport­se­nat des Stadt­rats an­ge­regt, das zu­min­dest ein­mal zu prü­fen.

Auch aus dem neu­en Sport­ent­wick­lungs­plan für Aschaf­fen­burg lässt sich die­ser Vor­schlag her­aus­le­sen, wenn es dar­um geht, den Schwim­m­un­ter­richt an den Grund­schu­len lang­fris­tig zu si­chern.

Da ist das Urteil der Fachleute nicht eindeutig. Alfred Rütten, der als Professor an der Uni Erlangen Nürnberg für den Sportentwicklungsplan verantwortlich zeichnete, erklärte in der Senatssitzung: Der Bedarf an Schulschwimmstunden lasse sich noch decken, auch wenn das Lehrschwimmbecken der Pestalozzischule nicht zur Verfügung stehe.

Unterschiedlich interpretierbar

Bei einem geschickten Management der Bäder ließen sich Einschränkungen für das Vereinsschwimmtraining minimieren. Es blieben allerdings auch dann noch Defizite, wenn das Pestalozzi-Lehrschwimmbecken wieder dazukomme.

Im schriftlichen Bericht werde die Lage dramatischer dargestellt, erwiderte Berninger. Demnach drohe auch das Lehrschwimmbad der Schönbergschule auszufallen, wenn es nicht saniert werde. »Dann verschlechtert sich die ohnehin schon defizitäre Situation weiter«, zitierte Berninger. Weil das Hallenbad stark von Schulen und Vereinen mitgenutzt werden müsse, sei auch der öffentliche Bedarf nicht mehr gedeckt.

Der Sportentwicklungsplan empfiehlt daher, die Lehrschwimmbecken beider Schulen zu sanieren oder durch einen Neubau zu ersetzen. Alternativ lasse sich auch über ein zweites öffentliches Bad nachdenken.

Partner ins Boot holen

Berningers Vorschlag: Die Stadt sollte das einmal durchrechnen und dann einen Kostenvergleich vorlegen. Möglicherweise sei ein Neubau gar nicht viel teurer als die Sanierung der beiden Schulschwimmbäder. Eventuell könne die Stadt auch Partner ins Boot holen. Laut Berninger braucht auch der SSKC Posseidon ein Trainingsbecken für den Winter. Er denke gerade darüber nach sein Freibecken zu überbauen.

Oberbürgermeister Klaus Herzog sagte einen Kostenvergleich zu. Er bekräftigte den Willen des Stadtrats: »Jedes Kind sollte in der Grundschule das Schwimmen lernen.« Das gehöre nun einmal zum Rüstzeug fürs Leben. Karl-Heinz Stegmann (SPD) erinnerte daran, dass im Arbeitskreis Sport noch weitere Varianten diskutiert würden. Denkbar sei es beispielsweise, im Winter das Sportbecken im Freibad zu überdachen, um zusätzliche Kapazität für Schwimmunterricht und Schwimmtraining zu schaffen.

Dabei ist die Kapazität rechnerisch durchaus üppig, wie Rütten in der Sitzung klarstellte. Bei der Untersuchung im Oktober 2016 hätten die Schulen die für sie verfügbare Zeit (Montag bis Freitag, 8 bis 17 Uhr) in den Lehrschwimmbecken zu 45 und im Hallenbad sogar nur zu 34 Prozent genutzt. Der Trainingsbetrieb nutzte im Oktober 75 Prozent (Lehrschwimmbecken) und 24 Prozent (Hallenbad) der verfügbaren Zeit.
Darauf stützte Rütten seine These, dass sich mit guter Planung auch ohne Neubau und ohne Sanierung des Pestalozzi-Lehrschwimmbeckens der Bedarf an Schwimmunterricht und Training noch abdecken lassen.

Er hielt aber ebenso klar fest: Wenn die Becken für Unterricht und Training belegt sind, hielten sich dort oft deutlich mehr Schwimmer auf, als es die Richtlinien vorsehen.

Wie beurteilt der neue Sportentwicklungsplan die Angebote in anderen Sparten?

Weitere Ergebnisse

• Defizite gebe es, den Trainings- und Turnierbedarf an Sporthallen zu decken. Helfen könnte hier
laut Rütten wiederum ein verbessertes Management, das auch kleinere Räume einbeziehe. Nicht jede Sportart brauche eine große Halle.
• Naturgemäß fehlten Reitanlagen und Golfplätze in Aschaffenburg.
• Überschüsse sieht der Sportentwicklungsplan bei Groß- und Kleinspielfeldern, Freizeitflächen und Leichtathletikanlagen.
• Tennisplätze, Kegelbahnen, Schießsportanlagen und Eislaufflächen seien ebenfalls mehr als ausreichend vorhanden.

Peter Freudenberger

Hintergrund: Stimmen zum Sportentwicklungsplan

Integrierte Sportentwicklungsplanung (ISEP) nennt sich das Projekt, das Aschaffenburg 2008 gestartet hatte. Jetzt liegt die Fortschreibung des 2010 erstmals erschienen Plans vor. Oberbürgermeister Klaus Herzog sprach von einem Leitfaden für ein gutes Sportangebot in Aschaffenburg. Der Sportsenat des Stadtrats bewertete das Ergebnis ebenfalls durchweg positiv. Einige Redner machten zugleich die Schwächen deutlich.
Thomas Gerlach (CSU) kritisierte, es werde stets nur die Quantität der Sportanlagen in Aschaffenburg betrachtet, aber nicht deren Qualität. Manche Anlagen seien nur eingeschränkt nutzbar.
Karsten Klein (FDP) hatte ein ähnliches Problem erkannt: An Spielfeldern fürs Fußballtraining verzeichne der Plan einen rechnerischen Überschuss. Der sei praktisch aber nicht vorhanden, weil auch die Plätze mitgerechnet wurden, die nur für die Turnierspiele genutzt werden dürften.
Karl-Heinz Stegmann (SPD) bedauerte, dass die Defizite und Überschüsse nur stadtweit betrachten würden und sich nicht auf die einzelnen Stadtteile herunterbrechen ließen.
Johannes Büttner (KI) dagegen hätte es gerne gesehen, wenn auch das Umland Aschaffenburg einbezogen worden wäre.
Alfred Rütten von der Uni Erlangen-Nürnberg hielt dagegen, dass sich das Projekt für Aschaffenburg dennoch gelohnt habe: Von den 48 Empfehlung des ersten Sportentwicklungsplans seien inzwischen 60 Prozent komplett umgesetzt und 15 Prozent teilweise. (Peter Freudenberger)